Was fällt alles darunter, welche Mehrheit brauchen Sie?

Stellen Sie an Ihrem Gemeinschaftseigentum Reparaturbedarf fest, können Sie nicht einfach einen Handwerker bestellen und die Reparatur durchführen lassen. Vielmehr ist zuvor eine Beschlussfassung der Eigentümer erforderlich. Die für einen solchen Beschluss notwendige Stimmenmehrheit hängt davon ab, ob es sich bei Ihrer Maßnahme um eine Instandsetzung, Modernisierung oder bauliche Veränderung handelt. 

Passen Sie hier bitte auf, denn die richtige Einordnung Ihrer Maßnahme ist von grundlegender Bedeutung. Kommt Ihre Maßnahme nämlich mit der falschen Stimmenmehrheit zustande, wird sie hierdurch anfechtbar und kann nach Beschlussanfechtung durch ein Gericht für unwirksam erklärt werden.

Einfache Mehrheit für Instandsetzungsmaßnahmen

Bei Instandsetzungsmaßnahmen geht es um die Wiederherstellung des ursprünglichen, ordnungsgemäßen Zustands. Das kann ebenso die Reparatur oder der Ersatz eines defekten Teils sein wie die Auffrischung von alten Farben.

Beispiele:

  • Die Fensterrahmen oder das Treppenhaus werden neu gestrichen.

  • Die Heizung ist defekt und wird repariert.

  • Das Dach der gemeinschaftlichen Garage ist undicht und wird neu gedeckt.

  • Die Kellertür ist verrostet und wird ausgetauscht.

Unter die Instandsetzungsmaßnahmen fallen auch solche Maßnahmen, mit denen Sie das gemeinschaftliche Eigentum erstmalig herstellen. Das kann die erstmalige Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustands sein, wie etwa das Anlegen eines brachliegenden Gartenstücks. Genauso kann das Umsetzen einer behördlichen Anordnung eine Instandsetzungsmaßnahme sein: so etwa der Bau eines Mülltonnenabstellplatzes, weil die alte Abwurfanlage auf eine behördliche Anordnung hin entfernt werden musste.

Eine Maßnahme der Instandsetzung können Sie mit einfacher Mehrheit beschließen. Das bedeutet, es müssen mehr als die Hälfte der anwesenden Stimmen einem Beschlussantrag zugestimmt haben. Beachten Sie bitte, dass Stimmenthaltungen nicht mitgezählt werden. Daher kommt ein Beschluss mit einfacher Mehrheit immer dann zustande, wenn die Anzahl der Ja-Stimmen die der Nein-Stimmen übersteigt. Bei gleicher Anzahl von Ja- und Nein-Stimmen kommt dagegen kein Beschluss zustande.

Tipp: Bei Beschlüssen mit einfacher Stimmenmehrheit kann eine Stimme das Zünglein an der Waage sein, eine einzige Stimme kann darüber entscheiden, ob der Beschluss zustande kommt oder nicht. Achten Sie daher besonders bei lange andauernden Eigentümerversammlungen darauf, dass bei der Abstimmung über Ihren Beschluss kein Eigentümer eine Raucherpause einlegt. Falls doch, bitten Sie den Versammlungsleiter um eine kurze Unterbrechung und bitten Sie den Eigentümer wieder hinein. Das ist zulässig.

Auch modernisierende Instandsetzung bedarf einfacher Mehrheit

Ihre geplante Maßnahme ist auch dann eine Instandsetzung, wenn sie über bloße Reparatur oder die Wiederherstellung des früheren Zustands hinausgeht. Möchten Sie eine defekte und veraltete oder unmoderne Einrichtung oder Anlage des gemeinschaftlichen Eigentums durch etwas technisch Neueres oder Besseres ersetzen, handelt es sich um eine sogenannte „modernisierende Instandsetzung“. Wichtig für die Einordnung als solche ist der Reparaturanlass. Nehmen Sie eine Verbesserung ohne Reparaturbedarf vor, handelt es sich im Zweifel um eine Modernisierung, die Sie nicht mit einfacher Mehrheit beschließen können.

Beispiele für modernisierende Instandsetzung:

  • Ein sanierungsbedürftiges Dach wird neu gedeckt und gleichzeitig gedämmt.

  • Eine defekte Klingelanlage weicht einer modernen Gegensprechanlage.

  • Ein einfaches, marodes Holzfenster wird durch ein doppelt verglastes Kunststofffenster ersetzt.

Doppelt qualifizierte Mehrheit für Modernisierung

Wenn Ihre Maßnahme ohne Reparaturbedarf durchgeführt wird und über eine Instandsetzung hinausgeht, kann es sich um eine Modernisierung handeln. Konkret ist eine Modernisierung durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

Eine Modernsierung liegt vor, wenn die Maßnahme

  • den Gebrauchswert des Objekts erhöht,

  • die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessert,

  • die nachhaltige Einsparung von Energie bzw. Wasser bewirkt oder

  • der Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der Technik dient.

Gleichzeitig darf die Maßnahme nicht:

  • die Eigenart der Wohnanlage beeinträchtigen

  • und einen Wohnungseigentümer unbillig gegenüber einem anderen beeinträchtigen.

Beispiele:

  • Neugestaltung des Eingangsbereichs ohne Reparaturbedarf

  • Dämmung der Hausfassade ohne Reparaturanlass

  • Anschaffung einer neuen, modernen Heizung, obwohl die alte Heizung noch voll funktionsfähig ist.

Eine solche Modernisierung können Sie nur mit doppelt qualifizierter Mehrheit beschließen. Das bedeutet, es müssen 3⁄4 aller eingetragener Eigentümer zugestimmt haben und diese müssen mehr als die Hälfte aller Miteigentumsanteile vertreten.

Allstimmigkeit für bauliche Veränderung

Eine bauliche Veränderung geht über eine Instandsetzung oder Modernisierung hinaus. Sie ist ein auf Dauer angelegter Eingriff in das gemeinschaftliche Eigentum, der das äußere Erscheinungsbild Ihrer Wohnanlage nachhaltig verändert. Einer baulichen Veränderung müssen alle Eigentümer zustimmen, die von ihr über das unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden. In den meisten Fällen ist hier sogar Allstimmigkeit erforderlich, da alle Eigentümer von der baulichen Veränderung betroffen sind.

Beispiele:

  • Ausbau des Dachgeschosses zu einem großzügigen Dachgarten

  • Aufstellen von Schränken im gemeinschaftlichen Flur

  • Fällen des charakteristischen Baumbestands im Garten zugunsten eines Kinderspielplatzes

Tipp: In der Praxis bereitet die Einordnung einer Maßnahme als bauliche Veränderung, Modernisierung oder modernisierende Instandhaltung immer wieder Schwierigkeiten. Hier hilft Ihnen der BGH, indem er dem bislang entscheidenden Merkmal der baulichen Veränderung, der „Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes“, seine ausschlaggebende Bedeutung genommen hat.

Im entschiedenen Fall ging es um das Ersetzen einer hölzernen Balkonbrüstung durch eine stählerne Konstruktion. Auch wenn diese Maßnahme die Wohnungseigentumsanlage optisch verändert, ist sie nach dem BGH nicht zwingend eine bauliche Veränderung, der alle Eigentümer zustimmen müssen. Vielmehr kann es sich dabei durchaus auch um eine modernisierende Instandsetzung oder eine Modernisierung handeln, sofern die Kriterien dafür erfüllt sind (BGH, Urteil v. 14.12.12, Az. V ZR 224/11).

Damit können Sie im Zweifel eher von einer Modernisierung oder modernisierenden Instandsetzung als von einer baulichen Veränderung ausgehen. Prüfen Sie also immer zuerst, ob deren Voraussetzungen erfüllt sind.