Wohnungseigentümer dürfen die Eigentümerversammlung verlassen

Dass ein Wohnungseigentümer nicht verpflichtet ist, einer Eigentümerversammlung bis zum Ende beizuwohnen oder überhaupt daran teilzunehmen, stellte das Amtsgericht Neumarkt im August 2015 klar. Das gilt auch, wenn eine Versammlung deshalb nachträglich beschlussunfähig wurde. Der hierfür verantwortliche Wohnungseigentümer darf sogar aus diesem Grund eine Anfechtungsklage einreichen.

Ein Wohnungseigentümer hatte mehrere der auf der letzten Eigentümerversammlung ergangenen Beschlüsse angefochten. Er selbst hatte fünf weitere Wohnungseigentümer vertreten, die Versammlung dann aber vor deren Beendigung verlassen. Da dadurch die für die Beschlussfähigkeit einer Eigentümerversammlung geforderte Mindestanzahl an anwesenden und vertretenen Eigentümern unterschritten wurde, war die Versammlung dann beschlussunfähig.

Die Beschlüsse, die der Wohnungseigentümer angefochten hatte, wurden gefasst, nachdem er die Eigentümerversammlung verlassen hatte. Er begründete seine Anfechtungsklage gerade damit, dass die Versammlung beschlussunfähig war. Die übrigen Wohnungseigentümer waren der Ansicht, dass dies treuwidrig war, weil der anfechtende Wohnungseigentümer dies selbst herbeigeführt hatte.

Das Gericht entschied den Rechtsstreit dennoch zu Gunsten des anfechtenden Wohnungseigentümers. Die Eigentümerversammlung war nicht mehr beschlussfähig gewesen. Dabei spielte es keine Rolle, dass der anfechtende Wohnungseigentümer dies zu verantworten hatte. Es war ihm nicht zu versagen, sich auf die Beschlussunfähigkeit zu berufen.

Bei Personengesellschaften, wie etwa einer GmbH, unterstellt die Rechtsprechung eine Verpflichtung der Gesellschafter zur Teilnahme an Versammlungen. Eine Pflichtverletzung der Gesellschafter liegt vor, wenn keine wirksamen Beschlüsse gefasst werden können. Diese Rechtsprechung ist aber nicht auf das Wohnungseigentumsrecht anwendbar. 

Zudem sieht das Wohnungseigentumsrecht ohnehin die Durchführung einer Zweitversammlung vor, bei der es dann auf die Beschlussfähigkeit nicht mehr ankommt. Diese Möglichkeit besteht nicht bei Personengesellschaften (AG Neumarkt, Urteil v. 20.08.15, Az. 4 C 5/14 WEG).